Tarifinfos TV-L und TVöD

 

Liebe Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter,

im folgenden Text findet ihr eine ausführliche Übersicht über den Tarifabschluss im TV-L und über die Forderungen der Gewerkschaften GEW, verdi. und des dbb im aktuell andauernden Arbeitskampf im Bereich des TVöD.

Die detaillierte Stellungnahme stammt von Olaf Korek. Er ist Leiter des Referates Jugendhilfe und Schule der GEW und Schulbezirkspersonalrat für die nichtlehrenden Berufe in der Landesschulbehörde Hannover. Wir sagen herzlichen Dank!

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„Im Rahmen dieser Tarifrunde ging es aus unserer Sicht vorrangig um die Sicherung der Zusatzversorgung (VBL).

Die Arbeitgeber wollten eine Kürzung der Leistungen aus der VBL durchsetzen.
Das konnte nur verhindert werden, weil die Gewerkschaften im Gegenzug einer Erhöhung der Beiträge zugestimmt haben.
Die Stargutschriften, Anwartschaften aus dem Punktmodell, Anwaltsdynamik und Renten aus der Zusatzversorgung konnte dadurch für die nächsten 10 Jahre gesichert werden.
Der früheste Kündigungstermin ist nun der 31.12.2024.

Allerdings zahlen auch die Kolleginnen und Kollegen zukünftig einen steigenden Beitrag:
Dieser steigt von derzeit 1,41% jeweils immer zum 01. Juli. 2015 auf 1,61%, 2016 auf 1,71% und 2017 auf 1,81%
Die Arbeitgeberumlage steigt je nach Finanzbedarf um 0,4% – sie liegt jetzt bei 6,45%.

Wie wir wissen verfügt die VBL-West über erhebliche Rücklagen. Diese waren aber nicht Gegenstand dieser Tarifrunde. Hier sind die VBL Satzungsgremien gefragt. Grund genug auch das im Blick zu behalten.

Nun zur Erhöhung der Tabellenentgelte:
Jeder streikende Mensch hat für die Teilnahme am Warnstreik inzwischen (diesmal überraschend schnell!!) das Geld abgezogen bekommen und inzwischen die Zahlungen der Gewerkschaft erhalten.
Was noch fehlt ist die Lohnerhöhung, die ab 01.03.2015 um 2,1% durch den Arbeitgeber zu zahlen ist.
Selbstverständlich wird dieser Betrag zu einer entsprechenden Nachzahlung führen.
Trotzdem ist es gerade für Kolleg_innen und Kollegen die jeden Cent zum Leben benötigen nicht leicht darauf warten zu müssen.

Zum 01.03.2016 steigt das Tabellenentgelt noch einmal um 2,3%, bzw. mindestens um 75 € bis einschließlich E 12 (Stufe 1), E 9 (Stufe 3) und E 8 (Stufe 5).
Die Laufzeit dieses Tarifvertrages ist bis zum 31.12.2016 vereinbart.

Inzwischen streiken die Kolleg_innen und Kollegen aus dem TvöD-Bereich unbefristet.
Immer wieder wird in den Medien verkürzt darüber gesprochen, dass hier eine Forderung von 10% auf dem Tisch liegt.
Insgesamt können die Forderungen zwar so aufgerechnet werden. Im Detail stehen dahinter allerdings sehr konkrete Forderungen nach einer realistischen Erneuerung, der Wertschätzung in Form von höheren Eingruppierungen und der Beseitigung von Nachteilen, die aus dem bestehenden Tarifwerk heraus entstehen.

Anhand der 7 Forderungen zeigt sich um was es geht:

Forderung Nr. 1: Bessere Bezahlung – Bezahlung entspricht nicht den Anforderungen
z. B. für Erzieherinnen und Erzieher
Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmer in Deutschland: 3.527,00 Euro brutto/ Vollzeit
(Quelle: Statistisches Bundesamt: Verdienste 2014)

Erzieherin im Durchschnitt (TVöD S 6): 2.879,09 Euro brutto
Endgehalt nach 17 Berufsjahren: 3.289,06 Euro brutto

Forderung Nr. 2: Anerkennung von Berufserfahrung durch TVöD-Stufenaufstiege

Forderung Nr. 3: neue Eingruppierung für Kita-Leitung
Probleme:
– Platzzahl allein kein geeignetes Kriterium
– Leitung integrative Kita und Krippe benachteiligt
– Zeitraum Oktober – Dezember nicht repräsentativ
– „Qualitätsverbesserung“ unklar

Lösung:
– Zahl der genehmigten Plätze
– Zahl der Beschäftigten
– Zahl der Gruppen

Forderung Nr. 4: Aktualisierung der Tätigkeitsmerkmale�z. B. „Schwierige Tätigkeit“ für Erzieher/in (S 8))
a) Tätigkeiten in Integrationsgruppen mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von behinderten Menschen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,

b) Tätigkeiten in Gruppen von behinderten Menschen oder von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,

c) Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,

d) Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen,

e) fachlichen Koordinierungstätigkeiten

f) Tätigkeiten einer Facherzieherin mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben.“

Forderung Nr. 5: Neue Berufe, Qualifikationen, Tätigkeiten in die Entgeltordnung aufnehmen
– Kindheitspädagog/in
– Fachberatung
– Schulsozialarbeit

Forderung Nr. 6: Stufengleiche Höhergruppierung
Beispiel 1: Änderung der Platzzahl (eine Kita nimmt vorübergehend mehr Kinder auf, später sinkt die Platzzahl wieder)

Leiterin weniger als 40 Plätze: S 7, Stufe 5 3.046,19 Euro
Kita wird größer, mehr als 40 Plätze: S 10, Stufe 4 3.308,42 Euro
Platzzahl sinkt auf weniger als 40 Plätze: S 7, Stufe 4 2.915,52 Euro
Nach weiteren vier Jahren S 7, Stufe 5 3.046,19 Euro
Nach weiteren fünf (insgesamt 12) Jahren S 7, Stufe 6 3.241,13 Euro

Beispiel 2: Gleichbleibende Platzzahl
Leiterin 40er-Kita: S 7, Stufe 5 3.046,19 Euro
Nach fünf S 7, Stufe 6 3.241,13 Euro

Forderung Nr. 7: Anerkennung Berufserfahrung bei neuem Arbeitgeber

Beispiel 3: Kitaleiterin übernimmt neue Kita
Bisher: Kita mehr als 40 Plätze: S 10, Stufe 4: 3.308,42 Euro
Neu: Kita mehr als 70 Plätze: S 13
Mit dreijähriger einschlägiger Berufserfahrung Stufe 3: 3.308,42 Euro
Nach vier Jahren Stufe 4: 3.532,70 Euro

Beispiel 4: Erzieherin übernimmt Leitung bei neuem Arbeitgeber:
Bisher: S 6, Stufe 5: 3.035,28 Euro
Neu: Leitung Kita mehr als 70 Plätze: S 13
Da keine einschlägige Berufserfahrung Stufe 1: 2.812,08 Euro
Nach einem Jahr Stufe 2: 3.029,84 Euro
nach weiteren 3 Jahren Stufe 3: 3.308,42 Euro

Diese Forderungen werden auch für unsere zukünftigen Tarifauseinandersetzungen von Bedeutung sein.
Nicht nur in diesem Zusammenhang ist die Unterstützung unserer streikenden Kolleg_innen und Kollegen erforderlich.
Es ist ja klar, dass gerade im Rahmen eines Erzwingungsstreiks die Schwierigkeiten, z.B. für Eltern die auf eine Kita angewiesen sind, mit zunehmender Dauer steigen.
Andererseits gibt es jetzt auch kein Zurück mehr, damit die berechtigten und längst überfälligen Reformen durchgesetzt werden können.
Oft genug ist es bereits gesagt:
Die Minderbewertung sogenannter Frauenberufe muss jetzt beendet werden.
Bildung und Erziehung, Heil- und Pflegeberufe und alle dem Gemeinwohl dienenden Berufe und Tätigkeiten dürfen nicht länger von ökonomischen Zwängen bestimmt werden.
Ein erster Ansatz wäre die Aufwertung der Arbeit von Erzieherinnen, Heilpädagog_innen, Kindheitspädagog_innen, Heilerziehungspfleger_innen, Sozialarbeiter_innen, Sozialpädagog_innen …“

 

Autor: Olaf Korek

GEW Niedersachsen

im Mai 2015