Fachtagung 2011 „Schulsozialarbeit – ein integraler Bestandteil von Ganztagsschule?!“

Schulsozialarbeit – Ein integraler Bestandteil von Ganztagsschule?!

Eine Fachtagung platzt aus den Nähten

Die gemeinsame Fachtagung der Fachhochschule Hannover (Abteilung Soziale Arbeit), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Niedersachsen zum Thema „Schulsozialarbeit – ein integraler Bestandteil von Ganztagsschulen?!“, die am 24. Februar an der Fachhochschule Hannover stattfand, fand unerwartet starken Anklang und war mit 230 Teilnehmerinnen und Teilnehmern völlig ausgebucht. Das sowohl sozialpädagogisch als auch tagespolitisch aktuelle Thema wurde facettenreich diskutiert: Ganztagsschule, lokale Bildungslandschaften, Vernetzung, Inklusion, Forschung, politische Perspektiven und Arbeitskonzepte waren nur einige Stichworte, die in den elf angebotenen Workshops verhandelt wurden.

Heike Dieball, Dekanin des Fachbereichs Soziale Arbeit an der Fachhochschule Hannover, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus weiten Teilen der Republik angereist waren, an der Fachhochschule in Hannover. Der Landesvorsitzende der GEW, Eberhard Brandt, machte auf die aktuelle Situation von Schulsozialarbeit in Niedersachsen aufmerksam. Für den Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit in Niedersachsen, stellte Jörn Hannemann die Positionen der LAG vor. Alle drei kamen im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Tagung zu dem Schluss, dass Schulsozialarbeit sich immer mehr professionalisiert, dass aber die Rahmenbedingungen in der Praxis längst nicht ausreichend sind.

Als Ehrengäste wurden der Referatsleiter Jugendhilfe und Schule der GEW, Bernhard Eibeck, und der Wissenschaftler Jan Tillmann vorgestellt. Beide haben in der Vergangenheit viel für die Profession Schulsozialarbeit getan und mischen sich nach wie vor immer wieder in aktuelle Debatten ein. Bernhard Eibeck setzt mit dem Kooperationsverbund Schulsozialarbeit Standards auf Bundesebene.

Als Hauptreferent führte Prof. Dr. Karsten Speck von der Universität Oldenburg anschließend in die komplexe Thematik der Tagung ein. Schulsozialarbeit sei noch lange kein fester Bestandteil in den Ganztagsschulen der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere in Niedersachsen bedarf es einer Fachaufsicht aus der Jugendhilfe, da sich auch Schulsozialarbeit in schulischer Trägerschaft deutlich am Kinder und Jugendhilfegesetz (KJHG) orientieren muss, um ihre Fachlichkeit zu sichern.

Er referierte mit einer Lebendigkeit, die die Zuhörerinnen und Zuhörer begeisterte sowie zu vielen Gesprächen und Diskussionen in der anschließenden Pause anregte.

In den anschließenden Workshops wurde sehr intensiv gearbeitet. Ihre wichtigsten Ergebnisse wurden wie folgt festgehalten und dem Abschlussplenum präsentiert: –

WS 1- Schulsozialarbeit, Ganztagsschule und lokale Bildungslandschaften als Herausforderung

Moderne Bildungslandschaften können nur unter Einbeziehung der Jugendhilfe ihre Planungsvorhaben im Sinne eines „vernetzten Systems von Erziehung, Bildung und Betreuung“ realisieren. Schulsozialarbeit muss sich dazu in der fachpolitischen Landschaft offensiver positionieren. Das bildungspolitische Ziel muss sein, unverzichtbarer Bestandteil multiprofessioneller Schulreformprozesse zu sein.

WS 2- Viele Welten leben – Interkulturelle Kompetenzen in der Schulsozialarbeit

Migrationspädagogische Kompetenz ist eine unverzichtbare Schlüsselqualifikation der Schulsozialarbeit.

WS 3 – Konzeptentwicklung und Erwartungen an Schulsozialarbeit in der Ganztagsschule

Wir fordern qualitativ klare Rahmenbedingungen für die Umsetzung unserer guten Konzepte an den Schulen!

WS 4- Kooperationen auf Augenhöhe?!

Kooperation auf Augenhöhe muss längerfristig erarbeitet werden, durch die Veränderungen der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und die Weiterentwicklung der Professionen

WS 5- Nachhaltige Kooperations- und Vernetzungsstrukturen – Das Modell der Delmenhorster Präventionsbausteine

Politische Forderung: Schaffung von kommunal verorteten träger-übergreifenden Koordinationsstellen, um regionale Vernetzungsstrukturen zur fachlichen Kooperation zu fördern und als Lobby für ein einheitliches Profil von Schulsozialarbeit mit individuell gesetzten Schwerpunkten zu fungieren

WS 6- Die außerschulische Jugendarbeit/ Jugendhilfe und ihr Blick auf die Ganztagsschule

Die offene Jugendarbeit und die Ganztagsschulen sind gleichberechtigte Teile der sozialraumorientierten Arbeit.

Die Politik hat für eine parallele Finanzierung zu sorgen und die GEW soll´s richten !

WS 7- Schulsozialarbeit und Inklusion

Schulsozialarbeit und Inklusion – Nicht einsam – nur gemeinsam

Schulsozialarbeit hat jetzt die Chance neue zeitgemäße Konzepte zu entwickeln, bevor es andere für uns tun!

WS 8- Voneinander lernen“ – Forschung und Praxis im Dialog

Die Erfahrungswelten von Forschung und Praxis sollten sich aufeinander zu bewegen, Spannung und Kritik aushalten und das Dreieck Forschung, Theorie und Praxis Sozialer Arbeit weiterentwickeln.

WS 10- Politische Perspektiven eröffnen!- Wie weiter?!

Schulsozialarbeit: ein fester, integraler Bestandteil an allen Schulen in Niedersachsen!

-Umsetzung von unseren geforderten Standards

WS 11- Schulsozialarbeit und Elternarbeit – Das Modell der IGS-Kronsberg

„Herr Müller, ich sag Ihnen mal eben kurz hier auf dem Flur wo´s mit Ihrem Sohn langgehen muss!“

Gelingende, wertschätzende Elternarbeit beruht auf gemeinsamer Verantwortung auf Augenhöhe, benötigt gute Rahmenbedingungen und eine professionelle Haltung!

Mo Raudies moderierte sehr anschaulich die Abschlussdiskussion, in der sie die Frage stellte, welchen weiteren Weg das Schiff „Schulsozialarbeit“ nimmt und welchen „Kraftstoff“ es dazu braucht.

Renate Frauendorf (GEW, Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe) und Frank Traffa (Referat Jugendhilfe) nutzten den Rahmen der Fachtagung und brachten folgende Erklärung ein: Die von der Bundesregierung neu beschlossene Ausweitung von 3000 Stellen im neuen Hartz IV-Paket müssen wirklich zu Schulsozialarbeitsstellen werden und die finanzielle Zuwendung dafür darf nicht in irgendwelchen Töpfen versickern. Diese neuen Stellen dürfen weder im Landesdienst noch bei den Kommunen prekäre Arbeitsverhältnisse sein! Alle anwesenden Teilnehmerinnen, Teilnehmer, Workshopleiterinnen und Workshopleiter stimmten der Erklärung zu.

Die Fachtagung lieferte vielfältige inhaltliche Auseinandersetzungen und einen Dialog zwischen den Tätigen in Wissenschaft und Praxis. Auf diese Weise setzte sie zudem ein deutliches bildungspolitisches Signal für die Bildungslandschaft Niedersachsen: Schulsozialarbeit muss in den Schulen und in der zukünftigen Schulentwicklung ein fester Bestandteil sein! Dazu gehören auch verlässliche unbefristete Anstellungsverhältnisse für die sozialpädagogischen Fachleute.

Die Tagungsmaterialien können registrierte Benutzer in Kürze auf der Internetseite der LAG Schulsozialarbeit Niedersachsen www.schulsozialarbeit-nds.de unter dem Menüpunkt Downloads einsehen.
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Erich Hollenstein

Anja Terner

Meike Grams

Fotos: Richard Lauenstein

260 TeilnehmerInnen hören die Eingangsworte von Prof. Dr. Erich Hollenstein. U.a. Frauke Heilgenstadt (SPD), (erste Reihe von links) und der Landesvorsitzende der GEW Eberhard Brandt

Die geballte Fachkraft der Schulsozialarbeit: u.a. Prof. Dr. Erich Hollenstein(1.von links), Renate Frauendorf (5.von links), Prof. Dr. Florian Baier-Schweiz (6.von links). Hintere Reihe: Bernhard Eibeck, GEW Hauptreferent Jugendhilfe und Schule (Mitte), Prof. Dr. Karsten Speck (rechts)

Der bundesweit renommierte Experte Prof. Dr. Karsten Speck, Uni Oldenburg, führte in seinem Eingangsreferat mit dem Titel „Schulsozialarbeit in der Ganztagsschule. Annäherung an den Forschungsstand“ in die Thematik ein.